The One and Oatly: Dürfen wir jetzt noch Oatly kaufen?

Manchmal geht's bei uns auch mal nicht um Rezepte. Dann schreiben wir zum Beispiel über vegane Kleidung und Kosmetik oder erzählen euch von Küchengeräten, die wir lieben. Genau darum geht's in „Papperlapapp“. Alle bisherigen Artikel könnt ihr hier nachlesen.

Ihr habt den Shitstorm um Oatly bestimmt mitbekommen: Blackstone, eine eher „fragwürdige“ Investmentgesellschaft, deren CEO den Wahlkampf von Donald Trump mitfinanziert, hat in die Hafermilch investiert. Huchsala! Der Aufschrei war groß und wir versuchen das Ganze für euch etwas einzuordnen. Und vielleicht beginnen wir erstmal mit ein paar Fakten, um auch wirklich alle abzuholen, die gar nichts davon mitbekommen haben und auch vielleicht nicht mal wissen, was Oatly ist.

Übrigens: Zu diesem Thema haben wir eine Podcast-Folge aufgenommen. Du kannst sie dir hier anhören.

Wer oder was ist Oatly?

Oatly gibt es tatsächlich nicht erst seit wenigen Jahren, sondern wurde bereits 1994 in Schweden gegründet, damals unter dem Namen „Ceba Foods“. Erst 2006 benannte sich das Unternehmen in „Oatly AB“ um. Oatly vertreibt pflanzliche Hafermilch und -produkte wie Hafersahne, Sour Cream und auch Eis auf Haferbasis. Wahrscheinlich kam der kleine Kultstatus rund um Oatly durch ihre Barista-Hafermilch zustande, die bei vielen als DIE Alternative zu Kuhmilch in Kaffeegetränken gesehen wird und auch in vielen (Berliner) Cafés erhältlich ist. (Wikipedia)

Bekannt wurde Oatly aber auch durch eher provokative Werbungen wie dem Slogan „It’s like milk but made for humans“. Wahrscheinlich erinnert sich jede:r, die/der in größeren Städten lebt, an die riesigen Plakate von Oatly. Und sie hatten Wirkung und waren wirklich gut gemacht. Viele Menschen haben Oatly dadurch überhaupt erst kennengelernt.

Was ist nun passiert?

Im Sommer gab es eine neue Investitionsrunde für Oatly, bei der u.a. auch zehn Prozent ihrer Unternehmensanteile verkauft wurden. Insgesamt kamen knapp 400 Millionen Dollar zusammen, etwa die Hälfte durch einen Kreditvertrag mit einer nachhaltigen Bank. Die andere Hälfte kam u.a. durch Anteile von Oprah Winfrey, Jay-Z, Natalie Portmann, dem CEO von Starbucks und von einer Investmentgesellschaft namens Blackstone Group zusammen. Eigentlich an sich keine große Sache, denn Anteile zu verkaufen heißt, dass man mehr Geld hat, um die eigene Reichweite zu steigern und als Unternehmen zu wachsen, neue Produktionsstätten zu errichten, neue Märkte zu erschließen und so weiter. Das Problem ist also nicht dieser Geschäftsschritt an sich, sondern einer der neuen Anteilsinhaber: die Blackstone Group.

Die Blackstone Group ist eine notierte amerikanische Investmentgesellschaft, die 1985 gegründet wurde. Und wem das erstmal nichts sagt, für den gibt’s hier die Wikipedia-Erklärung: „Eine Investmentgesellschaft ist ein Investmentvermögen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft, die liquide Mittel von Anlegern sammelt, um diese Mittel nach vorgegebenen Anlagestrategien in diverse Anlageklassen (wie beispielsweise Wertpapiere, Immobilien oder Rohstoffe) zu investieren.“

Weltweit zählt die Blackstone Group zu den größten Investoren im Bereich „Alternative Investments“, u.a. im Bereich Immobilien. Das Vermögen, das die Blackstone Group Inc. verwaltet, beläuft sich (Stand März 2020) auf 538 Milliarden US-Dollar. CEO (Chief Executive Office) dieser Gesellschaft ist Steve Schwarzman – ein bekennender Fan und finanzieller Unterstützer von Donald Trump und da geht der Ärger auch schon los (zuletzt finanzierte er dessen Wahlkampf mit ca. 3 Mio. Dollar).

Allein diese Punkt hat natürlich schon für Kritik gesorgt, aber es geht noch weiter: eine Investmentgesellschaft investiert wie gesagt in andere Unternehmen und hat dann dort Beteiligungen. Bei der Blackstone Group sind das zum Beispiel die deutsche Telekom, SeaWorld, Leica, Cineworld und das Universal Orlando Resort. Weniger bei uns bekannt, aber durchaus mit großen Auswirkungen, sind die Anteile an „Hidrovias do Brazil“ und „Pátria Investimento“. Denen wird vorgeworfen, das Amazonasgebiet zu roden, also Teile des Regenwalds abzuholen, um dort Autobahnen zu bauen, die u.a. auch neue Sojabohnenfelder erschließen. Und wie wir wissen, landet der allerallergrößte Teil davon als Futtermittel in der Massentierhaltung. Und das ist immer noch nicht alles.

Stichwort: Immobiliengeschäft. 2005 gab es die "Heuschreckendebatte" in Deutschland. Damals verglich Franz Müntefering Finanzinvestoren wie die Blackstone Group mit Heuschrecken, die ja einen eher negativen Ruf durch Plagen haben. Sogar Angela Merkel hatte damals Stephen Schwarzman gebeten, das Geschäftsmodell rund um Private Equity zu erklären, worauf dieser sagte, er gehöre zu den guten Heuschrecken, denn die Blackstone Group sicherte Arbeitsplätze und rettet Unternehmen, die schlecht geführt werden. 2009 aber kaufte Blackstone zum Beispiel mehrere Tausend Wohnungen in Kiel. Die Wohnungen wurden wegen mangelnder Instandhaltung und stark steigenden Mieten kritisiert. Und das sieht man weltweit auch an anderen Standorten. Dieser Blackstone Group gehören jetzt also Anteile von Oatly.

Übrigens ist es auch nicht das erste Mal, dass Oatly für Investment-Entscheidungen in der Kritik stand: 2016 gab es bereits eine Investitionsrunde, durch die Oatly ihre Fabriken weltweit ausbaute - unter anderem in China, um dort in den Wettbewerb einzusteigen. Damals hatte der chinesische Staatskonzern „China Resources“ etwa 40 Prozent der Unternehmensanteile von Oatly übernommen. Wir wir alle wissen, ist China ein Land, dass seit Jahrzehnten Menschenrechte nicht sonderlich groß schreibt und auch ein eher zweifelhaftes Engagement in der Klimapolitik aufweist. Auch hier wurde Oatly also schon kritisiert, gegen die eigenen Werte und Philosophie zu verstoßen. (FAZ)

Es passiert sicher oft, dass eher dubiose Unternehmen die „eigentlich Guten“ aufkaufen, entweder teilweise oder sogar komplett. Dass das Thema gerade bei Oatly so hoch kocht, liegt wahrscheinlich daran, dass sie bisher auch selbst politisch agiert haben und für Nachhaltigkeit und Klimaschutz stehen und sich nun mit der Blackstone Group natürlich einen Partner gesucht haben, der eigentlich gegen viel spricht, dass Oatly bisher ausstrahlte und durch die sie an Glaubwürdigkeit verlieren könnten.

Zuletzt habt ihr wahrscheinlich noch ihre große Aktion für die Kennzeichnungspflicht für Co2-Werte gehen. Auch wir haben im letzten Jahr die „Initiative für CO2e-Transparenz in der Lebensmittelindustrie“ von Oatly unterstützt. Vor etwa zwei Wochen, am 14.09., sprach der deutsche Oatly CEO Tobias Goj vor dem Bundestag, zur Petition, welche über 57.000 Bürger:innen im Vorhinein unterschrieben haben und auch von zahlreiche Unternehmen unterstützt wurde. An der Sitzung haben Bundestagsabgeordnete aller großen Parteien teilgenommen. Die Forderung von Tobias Goj war dabei ein Gesetzesentwurf für einen verpflichtenden einheitlichen Standard bei der CO2e-Kennzeichnung von Lebensmitteln. So soll transparent werden, wie viele CO2e-Ausstöße ein Produkt verursacht, so dass Konsument:Innen ermöglicht wird, klimafreundlicher und bewusster einzukaufen. Der Petitionsausschuss wird sich nun zum weiteren Vorgehen beraten und es bleibt abzuwarten, ob die Petition erfolgreich sein wird.

Irgendwie widersprüchlich, oder?

Klimaschutz durch transparente Kennzeichnung von Co2-Ausstößen steht hier so ein bisschen gegen eine millardenschwere Investition einer Investmentgesellschaft, die Anteile an Firmen hat, die den Regenwald abholzen. Man kann verstehen, dass das für viele (auch für uns) nicht sehr schlüssig ist.

Was sagen ‘die anderen’?

Man kann sich also sehr gut vorstellen, dass es prompt einen Shitstorm für Oatly gab und viele sich äußerten, dass sie Oatly ab sofort boykottieren werden und dazu aufriefen, es ebenfalls zu tun, um der Firma zu zeigen, dass man mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist.

Mittlerweile haben sich aber auch viele Menschen etwas differenzierter mit dem Thema auseinandergesetzt, denen ihr vielleicht auch folgt. Und bei vielen sieht man sehr gut, dass es ein wirklich vielschichtiges Thema ist, bei dem man gar nicht so leicht eine Position findet, vielleicht auch keine „entweder oder“ Seite einnehmen muss. Wir zeigen an dieser Stelle zwei solcher Beispiele.

Louisa Dellert hat eine Instagram-Story dazu gemacht und ist dabei u.a. sehr sachlich aufs kapitalistische System eingegangen und warum Firmen wachsen wollen. Sie hat auch den Raum für eine Sicht aus mehreren Positionen geöffnet: Wenn man nämlich einmal die Unternehmenssicht betrachtet, ist es gar nicht so leicht, sich nur wertekonforme Investoren zu suchen, so dass man schnell in die Situation kommt, auch mit Firmen zusammenzuarbeiten, die den eigenen Werten nicht unbedingt entsprechen, um die eigene gute Message weiter zu verbreiten. Und ihre Meinung war, dass ein Boykott dazu führen würde, dass diese eigentlich super Firma "Oatly" nicht so präsent wäre für die Mehrheit der Menschen, die sich nur sehr wenig mit Nachhaltigkeit beschäftigen und im Supermarkt nicht die Wahl zwischen mehreren Hafermilch-Sorten treffen, sondern eher der Hafermilch mal den Vorzug vor der Kuhmilch geben.

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In eine ähnliche Richtung geht auch der Text von „graslutscher.de“, den ihr uns auch häufig geschickt habt. Besonders interessant: ca. eine Woche später veröffentlichte Jan einen zweiten Text dazu, an dem man sieht, dass man durchaus auch nochmal seine eigene Meinung „korrigieren“ kann, auch wenn es nur Nuancen sind. Den ersten Text beendete er noch mit „Beziehungsstatus mit Oatly: Es ist kompliziert”, im zweiten Artikel endet er dann mit „In einer offenen Beziehung“ und pickt sich da ein paar seiner anfänglichen Argumente nochmal heraus.

„Es ist nicht so, dass all der Profit von Blackstone in der Tasche des Geschäftsführers landet, da sollen ja auch noch ein paar andere Menschen arbeiten. Ein weiteres Mitglied des engsten Führungskreises ist z. B. Hamilton James, ebenfalls Milliardär, der vor acht Jahren beim Beschaffen von 2 Millionen US-Dollar für die Wiederwahl von Barack Obama geholfen hat.“

Und er stellt auch die Frage in den Raum: „Wenn ich jetzt kein Oatly mehr kaufe, was kaufe ich stattdessen?“, geht auf Alternativen ein und das Problem, dass es ziemlich schwer ist, heutzutage ein Unternehmen zu finden, das eine „blütenreine“ Weste hat.

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Was sagt ihr?

Wir haben euch kurz nach der Bekanntgabe gefragt: Kauft ihr jetzt noch Oatly? Die Umfrage, die wir auf Instagram gemacht haben, viel tatsächlich fast 50/50 aus, was das Dilemma gut widerspiegelt. Auf die Frage, wie ihr das Investment insgesamt findet, hat nämlich der Großteil von euch mit „uncool“ geantwortet.

Wir haben ein paar eurer Zuschriften zum Thema gesammelt:

„Egal! Meine Omni-Eltern würden ohne Oatly Kuhmilch trinken. Daher lieber Oatly als Kuhmilch.“

„Das wird sich erst in Zukunft zeigen, ob und welche positiven Veränderungen eintreten.“

„Solange sie nur das Geld und nicht die Ideologie übernehmen, für mich ok.“

„Wohl notwendig, wenn man wachsen will..“

„Uncool, aber keinen Grund für einen Boykott.“

„Aus unternehmerischer Sicht verstehe ich, dass man sich große Investoren suchen muss um das nächste Level zu erreichen. Andererseits find ichs super paradox dass sie mit ihren Produkten ja was gutes tun wollen und ne unterstützenswerte Vision haben, aber ja gleichzeitig Geld in die Hände von Unternehmen wirtschaften, die so einen destruktiven Ansatz haben. Hab schon einen richtigen Knoten im Hirn und bin für mich noch zu keiner Lösung gekommen, ob ich weiter Oatly kaufen möchte oder nicht.“

„Die Rechnung „Geld von Bösen für Gute“ geht halt nur bedingt auf. Was mich aber nachhaltig interessieren wird: Schafft es Oatly, mit der Kooperation Veränderungen anzustoßen? Wenn ja, werde ich retrospektiv kein schlechtes Wort verlieren. Wenn nein, dann bewahrheiten sich leider die Befürchtungen, die ich jetzt habe. Das Statement war ein bisschen dünn.“

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Was sagt Oatly selbst dazu?

Auf ihrer Webseite veröffentlichte Oatly eine offizielle Stellungnahme unter dem Titel „Veränderung ist nicht einfach“ dazu. Darin schreiben sie unter anderem: „Unsere Idee war und ist es noch immer, pflanzliche Alternativen anzubieten, die so gut sind, dass sogar die breite Öffentlichkeit nicht das Gefühl hat, diese Alternativen zu essen sei nur ein Kompromiss. Auf diese Weise können wir den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Welt auslösen. Diese Reise hat bereits zu vielen unangenehmen und unbequemen Entscheidungen geführt.“ Genau zu dieser Entscheidung konnten wir dann Oatly direkt auch ein paar Fragen stellen.

Unsere Fragen an Oatly

__1. Wieso die Blackstone Group? __

Wenn ihr die Reise von Oatly bereits eine Weile verfolgt, dann wisst ihr sicherlich, dass wir schon immer versucht haben, Wandel anzustoßen und neue Wege zu gehen - die nie unbedingt einfach waren. Denn wenn wir wirklich die Folgen des Klimawandels eindämmen wollen, wofür wir laut Wissenschaftler:innen nur noch zehn Jahre Zeit haben, müssen wir die Systeme, in denen wir agieren, aufbrechen und für eine positive und schnelle Transformation nutzen. Globale Investitionen müssen allgemein grüner werden, das heißt, dass die Finanzströme in Unternehmen und Projekte fließen müssen, die nachhaltige Ziele verfolgen. Auch die UN bestätigt, dass Investitionen grün werden müssen, damit wir die Klimaziele rechtzeitig erreichen können
(Link, Seite 9) und erst am Montag hat auch die Bundesregierung zu mehr Investitionen in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten aufgerufen
(Link). Genau deswegen stehen wir auch hinter der Zusammenarbeit mit Blackstone. Blackstone ist der größte und damit einer der einflussreichsten Private-Equity-Investoren der Welt. Wenn wir gemeinsam zeigen können, dass Investitionen in Nachhaltigkeit und pflanzenbasierte Ernährung sich lohnen, dann werden viele weitere Investor:innen diesem Beispiel folgen.

2. Haben die bisherigen Investor*Innen nicht ausgereicht? Gab es nicht andere Alternativen?

Wir haben uns bewusst für diese Investition entschieden, weil wir glauben, dass wir so den größtmöglichen Wandel herbeiführen und ein wichtiges Signal an die Finanzwelt senden können. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir keine Zeit haben, ein vergleichsweise kleiner Haferdrink Hersteller zu bleiben. Wie ihr wisst, hat die Art und Weise wie wir uns ernähren, einen massiven Einfluss nicht nur auf unsere Gesundheit, sondern auch auf die Gesundheit unseres Planeten. Würde zum Beispiel der Verbrauch von Fleisch, Milchprodukten und Eiern innerhalb der EU halbiert, würden
die durch die Tierhaltung verursachten Treibhausgasemissionen um 25-40 %
sinken. Auch Wissenschaftler:innen bestätigen immer wieder, dass uns die Zeit wegrennt, um die Klimaziele zu erreichen. Wir müssen also schnell handeln und unser Ziel, pflanzenbasierte Ernährung in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, noch stärker vorantreiben und umsetzen. Natürlich können wir dieses Ziel nicht allein erreichen. Aber wir können ein Zeichen setzen und hoffen, dass viele Unternehmen und lnvestor*innen unserem Beispiel folgen.

3. Was sind die Vorteile dieses Investments? Gibt es ein großes Ziel dahinter?

Die Vorteile des Investments sind, dass wir damit weitere nachhaltige Fabriken bauen und neue Produkte entwickeln können. Dadurch werden wir es Konsument:innen auf der ganzen Welt so leicht wie möglich machen, Zugang zu unseren Produkten zu erhalten und durch die Wahl pflanzenbasierter Lebensmittel ein gesünderes und nachhaltigeres Leben zu führen. Unser Ziel ist es, mithilfe aller unserer lnvestor:innen unseren Einfluss auszuweiten und zu beweisen, dass sich Investitionen in nachhaltige Unternehmen auszahlen.

4. Wäre ein Weg ohne Blackstone nicht ebenfalls möglich gewesen?

Sicherlich hätten wir so weitermachen können, wie bisher. Aber wenn ihr uns ein bisschen kennt, dann wisst ihr, dass es ist nicht unsere Art ist, den bequemsten Weg zu gehen. Wenn wir von einer Sache wirklich überzeugt sind, dann scheuen wir uns auch nicht davor Entscheidungen zu treffen, die vielleicht auf den ersten Blick kontrovers wirken. Deshalb sind wir überzeugt, dass wir nur mit einem einflussreichen Investor wie Blackstone ein wirklich starkes Signal an die globale Finanzwelt senden können. Nur so können wir Mainstream-Investor:innen zeigen, dass sich Investitionen in nachhaltige Unternehmen lohnen. Und je erfolgreicher wir bei der Umsetzung unserer Ziele sind, desto wirksamer können wir der Finanzindustrie demonstrieren, wie viel sie gewinnen kann, wenn sie mehr in Nachhaltigkeit investiert.

5. Welches Mitspracherecht hat Blackstone nun bei Oatly?

Blackstone ist durch eine Minderheitsbeteiligung an möglichen zukünftigen Gewinnen beteiligt (noch schreiben wir keine schwarzen Zahlen). Das derzeitige Management-Team führt Oatly seit 2012 - und das wird sich auch nicht ändern. Unsere lnvestor:innen haben die gleichen formellen Befugnisse, wie bei anderen Unternehmen. Diese umfassen vor allem eine eher beratende und unterstützende Funktion, um sicherzustellen, dass wir unsere Wachstumsziele erreichen und die damit einhergehenden Herausforderungen bewältigen können. Grundsätzlich verpflichten wir uns selbst dazu, dass unsere Investitionen ausschließlich nachhaltigen Projekten zugutekommen. Wir sehen es als unsere Pflicht an, sicherzustellen, dass alle unsere Kapitalgeber*innen unsere Mission voll unterstützen.

6. Was sind Oatlys Grenzen bei Investements/Partnerschaften? Wo sind die Grenzen?

Wir arbeiten grundsätzlich ausschließlich mit lnvestor:innen zusammen, die uns helfen wollen, den globalen Wandel hin zu mehr pflanzlichen Nahrungsmitteln zu beschleunigen. Wir glauben, dass wir es nur so schaffen können, die Klimaauswirkungen des globalen Nahrungsmittelsektors zu reduzieren. Unsere lnvestor:innen müssen also daran glauben, dass Nachhaltigkeit die treibende Kraft hin zu einem profitablen Geschäft sein kann, genau wie wir.

7. Was hält Oatly selbst von Blackstone und von deren Werten?

Wenn wir es wirklich ernst meinen mit unserer Absicht, die Folgen des Klimawandels eindämmen zu wollen, dann müssen wir an einem Strang ziehen. Und zwar auch mit Unternehmen und Partner:innen, die vielleicht auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Private-Equity-Firmen investieren in Unternehmen, von denen sie erwarten, dass sie mit dem, was sie tun, erfolgreich sein werden.
Mit der Investition in Oatly, investiert Blackstone in unsere Mission, den globalen Wandel von tierischen hin zu pflanzlichen Lebensmitteln aktiv und schnellstmöglich voranzutreiben. Aber gleichzeitig haben sie damit auch eingewilligt, dass wir dies auf unsere Weise tun - nämlich basierend auf unseren Grundwerten: sustainability, nutritional health, trust & transparency. Wir fokussieren uns einzig und allein darauf und machen uns aus diesem Grund ausschließlich für unser eigenes Handeln verantwortlich.

8. Was habt ihr mit dem Geld genau vor? Was wird sich ändern?

Wir sind und bleiben weiterhin Oatly! Diese Investition wird unsere Bewegung der pflanzlichen Ernährung vorantreiben und Oatlys allgemeine Wachstumspläne unterstützen. Diese umfassen die Expansion auf unseren derzeitigen Märkten sowie neue Produktionsanlagen und die damit verbundene Schaffung neuer Arbeitsplätze in Europa, den USA und Asien. Für unsere Konsument:innen wird sich also nicht viel ändern - außer mehr Produktvielfalt und bessere Verfügbarkeit.

9. Habt ihr mit den negativen Reaktionen gerechnet?

Wir haben damit gerechnet, dass die Zusammenarbeit mit Blackstone einige Konsument:innen irritieren oder negativ überraschen könnte. Aber besonders in den letzten Tagen und Wochen haben wir verstärkt wahrgenommen, dass ein offener Austausch stattfindet und möchten diesen auch weiterhin fördern. Aus diesem Grund wollen wir euch alle hiermit auffordern, euch jederzeit an uns unter info.de@oatly.com zu wenden, falls ihr weitere Fragen oder
Bedenken habt.

10. Könnt ihr die negativen Reaktionen auf das Investment nachvollziehen?

Ja, wir verstehen, dass diese Partnerschaft überraschend kam. Wir sind uns bewusst, dass nicht alle unsere Ansicht darüber teilen, welcher der richtige und effizienteste Weg zu mehr Nachhaltigkeit ist. Natürlich macht es uns traurig, wenn langjährige Fans von Oatly sich dazu entscheiden, uns nicht mehr zu unterstützen, weil wir vermeintlich gegen unsere Werte verstoßen.

Aber es ist auch wichtig zu verstehen, dass die Welt nicht schwarz-weiß und dass Diskurs richtig und wichtig ist - es gibt immer verschiedene Blickwinkel. Und unser Blickwinkel ist, dass wir genau das Gegenteil tun. Wir verwenden die Investition von Blackstone dazu, unsere Mission einer nachhaltigeren Welt voranzutreiben - und zwar basierend auf unseren Werten. Wichtig für uns ist, dass wir alle auf das gleiche Ziel hin arbeiten - nämlich auf das einer besseren und nachhaltigeren Welt - auch wenn es unterschiedliche Meinungen über den Weg dorthin gibt.

Was sagen wir dazu?

Zu Guter Letzt geben auch wir noch unseren Senf dazu und lassen euch dann all diese Informationen verdauen, damit ihr selbst alle Seiten abwägen und euch eure eigene Meinung bilden könnt.

Julia: Ich hab für mich gemerkt, dass ich ebenfalls keine “Entweder oder” Seite einnehme bei dem Thema, sondern irgendwo in der Mitte stehe. Ich kann durchaus die unternehmerischen Aspekte verstehen und sehe ein, dass es gerade für ein nachhaltiges Unternehmen nicht leicht im Kapitalismus ist, die eigenen Werte bis in die kleinste Entscheidung durchzuziehen. Und ich stimme den Texten von Jan von graslutscher.de zu, dass man viele andere Firmen unterstützt und kauft, bei denen man teilweise nicht transparent sieht, wie das alles so hinter den Kulissen abläuft oder auch, dass man zahlreiche Firmen, die vegane Produkte herstellen, konsumiert, hinter denen aber größere Firmen oder Konzerne stecken, die tierische Produkte verarbeiten und verkaufen. Alpro gehört Danone, hinter Simply V steckt eine Tochterfirma der „Hochland Gruppe“, hinter Like Meat „Recker Convenience / Die Schnitzelmacher“, mit „The vegetarian Butcher“ landet man bei Unilever. Und das könnten wir noch sehr lange so weiter machen.

Ich muss sagen, dass ich tatsächlich bei meinen letzten Einkäufen zu einer pflanzlichen Milchalternativen gegriffen habe, die ich gut finde. Allein diese Situation hat aber auch nicht jede:r. Und die meisten Menschen treffen ihre Entscheidung auch nicht zwischen pflanzlichen Alternativen sondern eher zwischen Kuhmilch vs. pflanzliche Milch. Daher finde auch ich einen kompletten Boykott nicht so richtig sinnvoll und werde auch nicht ausschließen, dass ich Oatly-Produkte kaufe. Aber vielleicht ist es generell ein guter Anlass, auch mal kleinere Firmen zu unterstützen.

Eine andere Sache, an die ich da denke, ist Rügenwalder. Mir persönlich war der Sprung da zu krass und ich kaufe für mich selbst keine Produkte von ihnen. An sich fand ich das Angebot aber erfreulich und meine Eltern haben mir teilweise extra Sachen gekauft, wenn ich bei ihnen zu Besuch war. Die habe ich dann nicht abgelehnt. Und sie selbst haben dann auch das ein oder andere mal pflanzliche Sachen gegessen, weil sie gemerkt haben, dass die ihnen genauso schmecken – das ist ja wirklich eine prima Sache. Und nun, 2020, hat die Rügenwalder Mühle „Erstmals in seiner 186-jährigen Geschichte mehr Umsatz mit vegetarischen und veganen Fleischalternativen als mit klassischem Aufschnitt oder Teewurst“ gemacht (Handelsblatt). Und das zeigt, was für eine Möglichkeit und Macht man eben als Konsument:In hat.

Vielleicht führt es irgendwann in der Zukunft dazu, dass diese Firma weniger oder irgendwann gar keine Wurst mehr produziert. Das kann natürlich von Firma zu Firma für einen persönlich unterschiedlich sein. Bei manchen findet man Dinge auf nicht faktisch-erklärbaren Gründen nicht so schlimm, bei anderen kann man es doch nicht vertreten. Ich find’s auf jeden Fall wichtig, auch über die „Kompromiss-Situationen“ zu reden und nicht zwingend auf "alles-wie-immer vs Boykott" zu reduzieren.

Isa: In den ersten Tagen und Wochen hatte ich schon ein gebrochenes Herz, da Blackstone so ziemlich alles verkörpert, was ich ablehne: Abholzung des Regenwaldes, die Verdrängung von bezahlbarem Wohnraum in Städten, die Politik und Person Donald Trumps, uns so weiter.

Ich habe das ganze Thema für mich also folgendermaßen eingeordnet: Wenn es Alternativen zu Oatly gibt (kleinere Firmen, Bio-Produkte), dann würde ich zu diesen greifen. Gibt es allerdings keine Alternativen, dann kaufe ich Oatly. Heißt: Wenn für Leute der Schritt weg von Oatly dazu führt, dass sie wieder Kuhmilch trinken, statt bei pflanzlicher Milch zu bleiben, dann ist Oatly für mich der absolut bessere Case.

Dass Oatly nun einen Investor hat, der diese Firmen und Personen stützt bzw. mit ihnen zusammenarbeitet, hat leider schon einen faden Beigeschmack. Ich hoffe einfach sehr, dass Oatly wirklich nicht seine Werte verliert und tatsächlich etwas Gutes aus diesem Investment macht. Vielleicht ist Oatly ja in zwei Jahren durch die Decke gegangen und hat weltweit die Milchindustrie komplett umgeworfen. Wie krass wäre das? Daher würde ich sagen: abwarten und schauen, wie sich das ganze entwickelt. Vielleicht ist Oatly ja das Beyond Meat von morgen?

Was mit in diesem Zuge oft durch den Kopf ging: Gibt es überhaupt noch Firmen, die zu 100 % ethisch vertretbar sind? Gibt es Firmen und Produkte, die zu 100 % nachhaltig, ohne Plastik, Erdöl, tierische Produkte hergestellt werden, unter 100 % fairen Bedingungen, ausschließlich aus regionalen Zutaten, möglichst klimaneutral, zero-waste und bio? Ich glaube leider nein. Ich glaube, dass man in jedem Unternehmen und in jedem Produkt etwas finden kann, was nicht 100 %ig cool ist. Wichtig ist jedoch, dass das Ziel und die Werte stimmen und versucht wird sich in Zukunft weiter zu verbessern.

Im Endeffekt wünscht man sich ja auch, dass vegane Firmen groß werden und den Mainstream erreichen, umso von möglichst vielen Menschen konsumiert zu werden. Dass auf diesem Weg natürlich auch große Firmen und Investoren aufspringen, die vielleicht nicht so cool sind, gehört vielleicht einfach dazu.

Solche Gedanken machen wir uns ja eh des Öfteren, da wir als „Zucker&Jagdwurst“ zu einem Teil abhängig sind von Lebensmittelhersteller:Innen. Und für uns wäre es natürlich der größte Wunsch nur mit Firmen zusammenzuarbeiten, die all die „100 %“ bieten. Im Endeffekt ist unser Ziel ja zu zeigen, dass man einfach und lecker vegan kochen kann. Uns ist dabei extrem wichtig, dass unsere Seite für alle Leser:Innen kostenlos ist, sodass jeder Zugang zu Rezepten und Informationen hat. Allerdings müssen wir natürlich auch von irgendwas unsere Miete bezahlen. Dadurch ist es für uns auch immer ein abwägen, zwischen größeren und kleineren Firmen.

Was mir aber immer wieder auffällt: Ich finde es irre gut, dass ihr und wir alle uns wirklich extrem viele Gedanken machen zu den Produkten und Firmen, die wir kaufen. Dass diese Investition so einen Sturm ausgelöst hat, zeigt, dass wir alle ein Auge auf die Firmen haben, denen wir unser Geld anvertrauen und deren Produkte wir zu uns nehmen.

Das zeigt, wie wichtig uns Ernährung und die Philosophie eines Unternehmens ist. Was mir in diesem Zuge aber auch auffällt: Ich wette, dass es 90 % der Menschen überhaupt nicht juckt, was Firmen und Lebensmittelhersteller:Innen sonst so machen. Und jetzt kriegt Oatly, eine eigentlich super Firma, einen mega Shitstorm und bei tausend andere Firmen ist es komplett egal. Es ist und bleibt also ein schwieriges Thema.

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